Einmal durch die Masche und mit dem Faden wieder zurück. Die Nadel von Kezban Kotaran wandert wie von selbst am Rand ihres grün-gelb-gemusterten Strickstücks entlang. Eine Babyjacke soll es werden. Nur sporadisch wendet die Frau den Blick von dem Geflecht ab. Und zwar immer dann, wenn es wieder Zeit für einen Schluck Schwarztee wird, oder wenn der beiläufige Plausch mit den Freundinnen plötzlich doch ganz packend ist. Was sich in einer anderen Ecke des Raumes auf Deutsch abspielt, passiert an diesem Tisch im Illertisser Adler auf Türkisch. Seit ein paar Monaten kommen beim Strick- und Häkeltreff nämlich nicht nur mehrere Generationen zusammen, sondern auch unterschiedliche Kulturen.
Seit fast zehn Jahren, immer am Dienstagvormittag, trifft sich die etwa zwölfköpfige Frauengruppe zum Stricken und Plaudern. Früher in der Spitalstraße, jetzt im Café Bienenstich im Adler. Am Anfang waren sie nur zu siebt, erinnert sich Teilnehmerin Gerti Keßlinger. Wer den Stricktreff nun wann und mit wem ins Leben gerufen hat, darüber scheiden sich innerhalb der Gruppe aber die Geister. Eine Frau ist überzeugt, dass die Stadt Illertissen zuerst die Projektidee und die Räumlichkeiten gestellt und sich so die Gruppe gefunden hat. Eine andere Dame hingegen will sich genau daran erinnern, dass die Frauen selbst die Idee für einen offenen Strickzirkel hatten.
Was letztendlich zählt, ist das Ergebnis: Wollsocken, Stoffpuppen und Jäckchen, die für einen guten Zweck auf dem Weihnachtsmarkt oder im Weltladen verkauft werden. Mehr als 4300 Euro sind so seit 2016 auf das Spendenkonto der Kartei der Not geflossen – das zeigen zumindest die Aufzeichnungen von Rita Schmid, die die Strickwaren an diesem Vormittag sorgfältig für die nächste Verkaufsaktion bepreist und vorsortiert. Die Kartei der Not ist das Hilfswerk der Mediengruppe Pressedruck und des Allgäuer Zeitungsverlags, mit dem bedürftige Menschen in der Region unterstützt werden.
Organisiert wird der Stricktreff seit jeher von Hülya Cakmak, die den Mehrgenerationentreff der Stadt Illertissen leitet. Und weil sie weiß, dass hierzulande nicht nur die Gertis und Ritas gerne stricken, sondern auch die Güls und Kezbans in ihrem türkischen Freundeskreis, lud sie letztere im vergangenen Winter kurzerhand zu dem wöchentlichen Treffen ein. Ob in der Türkei oder in Deutschland: Gelernt haben die Frauen das Stricken allesamt in jungen Jahren, oft von ihren Schwestern, Müttern oder Tanten. Gül Oguz, die gesteht, dass sie eigentlich lieber bastelt, hat es in der Schule gelernt; Thea Mayrock hingegen von Geflüchteten aus dem Sudetenland. Viktoria Thoma, die während des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen ist, erinnert sich noch gut daran, dass Garn während ihrer Schulzeit so teuer war, dass man sich mit dem Auftrennen alter Pullover behelfen musste.
Für viele der Frauen ist der Stricktreff ein fester Termin im Kalender. Die muslimischen Frauen lassen ihn allerdings für ein paar Wochen im Jahr ausfallen, nämlich während des Fastenmonats Ramadan. „Da fühlt man sich etwas schlapp“, beschreibt Fahriye Gelik, weil man während dieser Zeit erst nach Sonnenuntergang zu Abend isst und noch vor Sonnenaufgang frühstückt. „Außerdem kann man ja tagsüber nichts essen und trinken“, ergänzt Gül Oguz mit einem Augenzwinkern. Und so macht die Zusammenkunft am Vormittag wohl nur halb so viel Spaß.
Das Stricken ist bei dem Treffen ohnehin eher nebensächlich. „Der Hauptgrund ist, zusammenzukommen und zu ratschen“, erklärt Rentnerin Johanna, die seit gut sieben Jahren dabei ist. Viele der Frauen lebten allein. „Für manche ist es der einzige Anlass in der Woche, sich ordentlich anzuziehen und das Haus zu verlassen.“
Die Motivation ist bei den türkischen und deutschen Frauen ähnlich. Trotzdem bleiben die beiden Gruppen bisweilen eher unter sich. „Die Gesprächsthemen sind anders“, erläutert dazu Fahriye Gelik. Einerseits, weil die Freundinnen auch außerhalb des Stricktreffs viel Zeit miteinander verbringen. Andererseits, weil die einen Strickerinnen etwas jünger sind als die anderen. Und dann wäre da noch die Sprachbarriere.
„Die Sprache ist immer wieder ein Problem“, berichtet Hülya Cakmak, denn manche der türkischen Frauen sprechen noch nicht fließend Deutsch. Das verstärkt Hemmungen, die beim Kennenlernen ohnehin bestehen: „Sie trauen sich nicht so richtig, weil sie Angst haben, etwas Falsches zu sagen“, meint sie, „aber der Wille ist da, sonst wären sie ja gar nicht hier“. Dass sich nach und nach immer mehr ihrer Freundinnen angeschlossen haben, sieht Cakmak als positives Zeichen. Und auch auf der anderen Seite wird man offener: Der türkische Schwarztee hat mit Thea Mayrock schon eine neue Anhängerin gefunden.
Am Mittwoch, 16. Oktober, und Donnerstag, 17. Oktober, können die handgefertigten Strickwaren im Gebäude der Illertisser Zeitung (Marktplatz 11, 89257 Illertissen, Erdgeschoss) jeweils von 9 bis 12.30 Uhr erworben werden. Der Erlös fließt auf das Spendenkonto der Kartei der Not.lertissen Einmal durch die Masche und mit dem Faden wieder zurück. Die Nadel von Kezban Kotaran wandert wie von selbst am Rand ihres grün-gelb-gemusterten Strickstücks entlang. Eine Babyjacke soll es werden. Nur sporadisch wendet die Frau den Blick von dem Geflecht ab. Und zwar immer dann, wenn es wieder Zeit für einen Schluck Schwarztee wird, oder wenn der beiläufige Plausch mit den Freundinnen plötzlich doch ganz packend ist. Was sich in einer anderen Ecke des Raumes auf Deutsch abspielt, passiert an diesem Tisch im Illertisser Adler auf Türkisch. Seit ein paar Monaten kommen beim Strick- und Häkeltreff nämlich nicht nur mehrere Generationen zusammen, sondern auch unterschiedliche Kulturen.
Seit fast zehn Jahren, immer am Dienstagvormittag, trifft sich die etwa zwölfköpfige Frauengruppe zum Stricken und Plaudern. Früher in der Spitalstraße, jetzt im Café Bienenstich im Adler. Am Anfang waren sie nur zu siebt, erinnert sich Teilnehmerin Gerti Keßlinger. Wer den Stricktreff nun wann und mit wem ins Leben gerufen hat, darüber scheiden sich innerhalb der Gruppe aber die Geister. Eine Frau ist überzeugt, dass die Stadt Illertissen zuerst die Projektidee und die Räumlichkeiten gestellt und sich so die Gruppe gefunden hat. Eine andere Dame hingegen will sich genau daran erinnern, dass die Frauen selbst die Idee für einen offenen Strickzirkel hatten.
Was letztendlich zählt, ist das Ergebnis: Wollsocken, Stoffpuppen und Jäckchen, die für einen guten Zweck auf dem Weihnachtsmarkt oder im Weltladen verkauft werden. Mehr als 4300 Euro sind so seit 2016 auf das Spendenkonto der Kartei der Not geflossen – das zeigen zumindest die Aufzeichnungen von Rita Schmid, die die Strickwaren an diesem Vormittag sorgfältig für die nächste Verkaufsaktion bepreist und vorsortiert. Die Kartei der Not ist das Hilfswerk der Mediengruppe Pressedruck und des Allgäuer Zeitungsverlags, mit dem bedürftige Menschen in der Region unterstützt werden.
Organisiert wird der Stricktreff seit jeher von Hülya Cakmak, die den Mehrgenerationentreff der Stadt Illertissen leitet. Und weil sie weiß, dass hierzulande nicht nur die Gertis und Ritas gerne stricken, sondern auch die Güls und Kezbans in ihrem türkischen Freundeskreis, lud sie letztere im vergangenen Winter kurzerhand zu dem wöchentlichen Treffen ein. Ob in der Türkei oder in Deutschland: Gelernt haben die Frauen das Stricken allesamt in jungen Jahren, oft von ihren Schwestern, Müttern oder Tanten. Gül Oguz, die gesteht, dass sie eigentlich lieber bastelt, hat es in der Schule gelernt; Thea Mayrock hingegen von Geflüchteten aus dem Sudetenland. Viktoria Thoma, die während des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen ist, erinnert sich noch gut daran, dass Garn während ihrer Schulzeit so teuer war, dass man sich mit dem Auftrennen alter Pullover behelfen musste.
Für viele der Frauen ist der Stricktreff ein fester Termin im Kalender. Die muslimischen Frauen lassen ihn allerdings für ein paar Wochen im Jahr ausfallen, nämlich während des Fastenmonats Ramadan. „Da fühlt man sich etwas schlapp“, beschreibt Fahriye Gelik, weil man während dieser Zeit erst nach Sonnenuntergang zu Abend isst und noch vor Sonnenaufgang frühstückt. „Außerdem kann man ja tagsüber nichts essen und trinken“, ergänzt Gül Oguz mit einem Augenzwinkern. Und so macht die Zusammenkunft am Vormittag wohl nur halb so viel Spaß.
Das Stricken ist bei dem Treffen ohnehin eher nebensächlich. „Der Hauptgrund ist, zusammenzukommen und zu ratschen“, erklärt Rentnerin Johanna, die seit gut sieben Jahren dabei ist. Viele der Frauen lebten allein. „Für manche ist es der einzige Anlass in der Woche, sich ordentlich anzuziehen und das Haus zu verlassen.“
Die Motivation ist bei den türkischen und deutschen Frauen ähnlich. Trotzdem bleiben die beiden Gruppen bisweilen eher unter sich. „Die Gesprächsthemen sind anders“, erläutert dazu Fahriye Gelik. Einerseits, weil die Freundinnen auch außerhalb des Stricktreffs viel Zeit miteinander verbringen. Andererseits, weil die einen Strickerinnen etwas jünger sind als die anderen. Und dann wäre da noch die Sprachbarriere.
„Die Sprache ist immer wieder ein Problem“, berichtet Hülya Cakmak, denn manche der türkischen Frauen sprechen noch nicht fließend Deutsch. Das verstärkt Hemmungen, die beim Kennenlernen ohnehin bestehen: „Sie trauen sich nicht so richtig, weil sie Angst haben, etwas Falsches zu sagen“, meint sie, „aber der Wille ist da, sonst wären sie ja gar nicht hier“. Dass sich nach und nach immer mehr ihrer Freundinnen angeschlossen haben, sieht Cakmak als positives Zeichen. Und auch auf der anderen Seite wird man offener: Der türkische Schwarztee hat mit Thea Mayrock schon eine neue Anhängerin gefunden.
Am Mittwoch, 16. Oktober, und Donnerstag, 17. Oktober, können die handgefertigten Strickwaren im Gebäude der Illertisser Zeitung (Marktplatz 11, 89257 Illertissen, Erdgeschoss) jeweils von 9 bis 12.30 Uhr erworben werden. Der Erlös fließt auf das Spendenkonto der Kartei der Not.
Von Sophia Krotter