Von Daniela Hungbaur, Markus Raffler und Johann Stoll
Marie strahlt übers ganze Gesicht, als sie mit Handschlag begrüßt wird. Die 15-Jährige sitzt auf dem Fußboden im gepflegt eingerichteten Wohnzimmer, auf dem eine flauschig weiche Decke ausgebreitet ist. Sie vertieft sich gleich wieder in ihr Spiel mit einer Puppe, so als achte sie nicht weiter auf ihre Umgebung. Marie ist das jüngste von fünf Geschwistern. Nach zwei Buben und zwei Mädchen, die alle gesund sind, ist Marie rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen. Das Mädchen kann selbst keine Schuhe anziehen, kann sich selbst nicht waschen und nicht selbst auf die Toilette gehen. Außerdem kann es jederzeit passieren, dass Marie einen epileptischen Anfall bekommt. Dann muss ihre Mutter schnell mit einem Notfallmedikament zur Stelle sein. Ihren gelernten Beruf als Arzthelferin hat Nicole Wachholz ihrer Tochter zuliebe daher aufgegeben.
Es sind Kinder wie Marie, die von der Kartei der Not unterstützt werden. Seit der Gründung unseres Leserhilfswerks vor fast 60 Jahren steht die Stiftung vor allem auch fest an der Seite von Kindern, die aus ganz unterschiedlichen Gründen Hilfe benötigen. Natürlich erhalten nicht nur Heranwachsende finanzielle Zuschüsse. Menschen jeden Alters in unserer Region, die unverschuldet in Not geraten sind, können sich über eine soziale Beratungsstelle bei sich vor Ort an die Kartei der Not wenden und einen Antrag stellen. Doch gerade die Förderung von Kindern und Jugendlichen, die es schwerer in ihrem Leben haben, nimmt einen besonderen Platz in der Arbeit unserer Stiftung ein. „Denn gerade sie benötigen unsere Solidarität und unsere Fürsorge, sie sollen doch vor allem spüren, dass man sie, aber auch ihre Familien nicht allein lässt“, betont Ellinor Scherer, die Vorsitzende des Kuratoriums unseres Leserhilfswerks. Zumal in der Kindheit die Basis für das ganze weitere Leben gelegt werde. „Es ist oft wirklich erschütternd, wenn man in den Anträgen an unsere Stiftung erfährt, mit welch großen gesundheitlichen Einschränkungen schon Kinder ihren Alltag meistern müssen“, sagt Alexandra Holland, die stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende. „Hier engagiert Beistand zu leisten, sehen wir als unsere vordringliche Aufgabe. Möglich ist uns dies allerdings nur dank unserer vielen Spenderinnen und Spender, die uns nicht selten seit Jahren die Treue halten.“
Doch es sind nicht nur schwere Erkrankungen, es sind nicht nur körperliche und geistige Beeinträchtigungen, mit denen viele junge Menschen kämpfen, und in deren Folge sie auf besonderen gesellschaftlichen Rückhalt angewiesen sind. Oft wachsen Kinder in großer Armut auf – auch in Bayern, auch in unserer Region. Davon weiß Susanne Weinreich zu berichten. Die Sozialpädagogin arbeitet seit 2016 in unserem Ellinor-Holland Haus, also seit Eröffnung dieser sozialen Einrichtung im Augsburger Textilviertel.
Das Ellinor-Holland-Haus bietet Menschen, die in einer Lebenskrise stecken, gleichzeitig aber hoch motiviert sind, sich aus dieser wieder herauszuarbeiten und dabei Hilfe annehmen, für maximal drei Jahre Raum und Assistenz an. Es ist eine außergewöhnliche Wohngemeinschaft von Jung und Alt, die längst viele Erfolge verzeichnen kann. Im Sommer trafen sich wieder ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner zu einem Austausch. Stolz wurde berichtet, wie die pädagogische Begleitung, die Handreichungen im Bewerbungsprozess um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, die Sicherung der Kinderbetreuung, die geschützte Wohnsituation zum Beenden der Krise, zum Gelingen einer ganz neuen Lebensphase geführt haben. Was viele Bewohnerinnen und Bewohner eint: Sie sind heute, nach ihrer Zeit im Ellinor-Holland-Haus, selbstbewusster, zuversichtlicher. Und sie wissen nun, dass man sich nicht scheuen sollte, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Im Gegenteil, es ist ein Zeichen von Stärke, sich Unterstützung zu holen. So sagt eine frühere Bewohnerin: „Ich habe heute keine Angst vor Problemen mehr. Ich habe gelernt, dass es immer eine Lösung gibt, wenn man das Problem teilt.“ Eine Mutter bringt es so auf den Punkt: „Wir sind wieder Gestalter unseres Lebens und nicht umhergeworfen.“ Eine andere ergänzt: „Ich habe ganz viel Sicherheit, dass die Zukunft gut wird.“ Freude sei wieder in ihr Leben gekehrt.
Das Gros der Bewohnerinnen und Bewohner in den 28 Wohnungen des Ellinor-Holland-Hauses sind alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern. Das heißt, auch hier spielt die Förderung von jungen Leuten eine Hauptrolle. Und Susanne Weinreich, die das vierköpfige pädagogische Team im Ellinor-Holland-Haus leitet, erlebt tagtäglich, wie früh gerade Armut Kinder benachteiligt. „Wir sind kein sehr kinderfreundliches Land“, sagt die erfahrene Sozialpädagogin und blickt ernst aus dem Fenster ihres Büros im Erdgeschoß des Ellinor-Holland-Hauses. „Es wird zwar in der Politik viel geredet, wie man Kinder aus armen Familien die Teilhabe garantiert, doch in der Praxis machen wir jeden Tag die Erfahrung, dass es hinten und vorne nicht reicht.“
Das fange schon damit an, dass viele Behörden, Ämter und Anlaufstellen, die Kinder unterstützen sollen, „gerade seit der Corona-Pandemie sehr überlastet sind und viele Anträge ewig dauern“. Außerdem überfordere die Digitalisierung viele Antragsteller. Im Alltag heißt das: „Es kommt ständig zu Wartezeiten, was wiederum bedeutet, dass die Bedürftigen in vielen Fällen lange auf ihr Geld warten, dann Schulden machen, weil bestimmte Rechnungen einfach bezahlt werden müssen“, beschreibt sie den oft rasch entstehenden Teufelskreis.
Nicht vergessen dürfe man, wie viel Geld Kinder heute kosten. So seien beispielsweise die Anforderungen an die Ausstattung, was die Kleinen im Kindergarten und in der Schule mitbringen müssen, immens. „Das können sich viele schlicht nicht leisten.“ Für Susanne Weinreich steht daher fest: „Schule darf nicht so teuer sein. Schulen müssten so ausgestattet sein, dass Kinder nicht so viel bezahlen müssen.“ Es gebe zwar etliche Zuschüsse für Bedürftige, aber deren Beantragung daure eben häufig sehr lange.
Oft beginne die Ausgrenzung sogar schon bei einem eigentlich schönen Anlass, einer Geburtstagsfeier: „Geburtstagspartys sind heute häufig Events, bei denen ärmere Kinder schnell außen vor sind.“ So werde nicht selten ein Motto vorgegeben, nachdem man sich kleiden soll. Oder es werde zum Essen gegangen oder der Zoo besucht. „Dass ärmere Kinder da nicht mitmachen können, daran denken viele wohlhabendere Eltern nicht. Dabei können so viele unserer Kinder hier im Ellinor-Holland-Haus schon beim Kauf eines Geschenks nicht mithalten.“ Es werde dann eine Ausrede gesucht und das eingeladene Kind darf nicht zur Party – Susanne Weinreich und ihrem Team bricht das oft das Herz. Denn die Kinder spürten so ganz früh in ihrem Leben: Ich gehöre nicht dazu. „Das führt zu Dellen auf der Seele. Dellen, die leider meist bleiben.“
Die Kartei der Not hat ein vielfältiges Programm, um Heranwachsenden aus sozial benachteiligten Familien möglichst viel Teilhabe zu ermöglichen: An Kosten für das gemeinsame Mittagessen in Schulen und Kitas beteiligen wir uns beispielsweise regelmäßig. Kinder, die mit einem kranken Geschwister aufwachsen und deren Bedürfnisse dadurch oftmals in den Hintergrund geraten, stärken wir mit unserem „Schattenkinder“-Projekt, bei dem wir etwa dafür sorgen, dass Ausflüge unternommen oder andere Wünsche wahr werden können. Im Fokus steht natürlich auch die gesundheitliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Daher bezuschussen wir im Rahmen unserer Aktion „Sport für jedes Kind“ seit vielen Jahren sowohl den Sportvereinsbeitrag als auch die Trainingsausrüstung.
Kinder und Jugendliche, die im Ellinor-Holland-Haus leben, haben aber oft noch ganz andere Schicksale. Sie sieht man ihnen häufig nicht an. So hopst der kleine Bub aufgeregt auf dem Sofa in der schlicht, aber modern eingerichteten Wohnung im Ellinor-Holland-Haus und freut sich sichtlich, dass endlich seine Mama kommt. Er will einkaufen gehen. Schließlich hat er am nächsten Tag Geburtstag und ihm wurde versprochen, dass er beim Kuchenbacken mithelfen darf. Ein Mädchen grüßt freundlich, holt sich nur rasch etwas zu trinken und verschwindet wieder in sein Zimmer. Es sind Geschwister, die zusammen mit ihrer Mutter Grauenhaftes erlebt haben. Seit vergangenen Herbst wohnen sie im Ellinor-Holland-Haus. Für einen Neustart. Für ein Leben in Freiheit. Für ein Leben, ohne täglich fürchten zu müssen, dass die Mama unter der massiven Gewalt des eigenen Vaters eines Tages stirbt.
„Ich bin aus einer Hölle entflohen – wirklich!“, erzählt die junge Frau in einem kleinen Aufenthaltsraum im Erdgeschoss des Ellinor-Holland-Hauses. Und nicht nur sich selbst befreite sie aus einem jahrelangen, unvorstellbaren Martyrium, sondern eben auch ihre Kinder. Ihren Namen und den ihrer Kinder will sie nicht in der Zeitung lesen, das wäre zu gefährlich. Denn noch ist sie da, die Angst. Die große Angst um das Leben ihrer Kinder und um ihr eigenes. Denn ihr Mann, der Vater der Kinder, der sie über viele Jahre körperlich und seelisch aufs Schlimmste misshandelt habe, ist noch immer auf freiem Fuß, erzählt sie, schaut zu Boden und wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Dass ihr Mann zu allem bereit ist, habe er unzählige Male
Viele Einladungen zu Kindergeburtstagen sind heute Events – ärmere Kinder dürfen dann oft einfach nicht hingehen.
Im Ellinor-Holland-Haus glaubt man ihr. Mit ihrem Schicksal ist sie dort nicht allein. Immer wieder finden gerade auch Frauen und ihre Kinder, die Gewalt erlebt haben, in unserer Einrichtung Halt und Hilfe. Susanne Weinreich unterstützt auch diese Mutter und ihre Kinder. Wer die Sozialpädagogin kennt, weiß, dass sie nicht nur ihren Job macht. Susanne Weinreich ist jemand, dem Bewohnerinnen und Bewohner, die engagiert mitmachen und sich anstrengen, schnell ans Herz wachsen, die sich einsetzt, kämpft – die aber auch die nötige Strenge mitbringt.
Susanne Weinreich und ihr Team sehen sich als Brückenbauerinnen. Brücken in ein selbstständiges, auskömmliches, zufriedenes Leben. Im Vordergrund der Arbeit im Ellinor Holland-Haus steht meist der Aufbau eines strukturierten, verlässlichen Alltags. Wichtig ist es dabei auch, dass die Kinder gefördert und therapeutisch aufgefangen werden. Dass beispielsweise Kinder, die so massive Gewalt in der Familie erlebt haben, eine Therapie brauchen, sollte nachvollziehbar sein: „Doch Therapeuten und Therapeutinnen für Kinder und Jugendliche fehlen“, sagt Susanne Weinreich. „Unsere Kinder und Jugendlichen müssen oft furchtbar lange auf einen Therapieplatz warten, dabei sollte doch klar sein, dass gerade bei Kindern und Jugendlichen eine schnelle Behandlung entscheidend für ihre weitere Entwicklung ist.“
Auch Oliver Jaschek sieht die vielen Lücken, unter denen Kinder aus ärmeren Familienverhältnissen leiden. Er ist der neue Geschäftsführer der Kartei der Not. Hier in der Region verwurzelt, ist ihm gerade beim Thema Kinder ein dichtes Netz an helfenden Händen in Form von Vereinen, Initiativen, Institutionen, Einrichtungen und Ämtern wichtig, die sich dem Wohl Heranwachsender verschrieben haben.
Oliver Jaschek sieht aber auch die Eltern in der Verantwortung: „Wenn wir uns heute beklagen, dass beispielsweise überall Ehrenamtliche fehlen, dann müssen wir uns fragen, ob bürgerschaftliches Engagement den Kindern im Elternhaus auch vorgelebt wird. Wenn wir uns ärgern, dass Kinder und Jugendliche nur noch am Smartphone hängen, dann müssen wir Erwachsene uns an die eigene Nase fassen und unsere eigene Mediennutzung kritisch hinterfragen. Eltern sind Vorbilder, das wird heute leider oft vergessen.“
Als Geschäftsführer will Oliver Jaschek nicht nur Kontakte zu den verschiedenen Einrichtungen pflegen, er freut sich auch, dass die Kartei der Not selbst aktiv dafür Sorge trägt, dass dieses Netz ständig enger wird, indem sich die Stiftung am Aufbau und Betrieb von sozialen Projekten in der Region beteiligt. Projekte, die Menschen in jedem Alter zugutekommen – aber eben vor allem auch Kindern und Jugendlichen.
So unterstützt die Stiftung immer wieder Einrichtungen, wenn pädagogisch wichtige Ausstattungselemente oder passgenaues Spielgerät fehlen, weil trotz größter Bemühungen die Geldgeber dafür fehlen. Ein Beispiel ist die Heilpädagogische Tagesstätte Sankt Josef in Kaufbeuren, die von der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Augsburg getragen wird. Die Leiterin der Tagesstätte, Katrin Kaufmann, hatte sich wegen eines Spielepodestes aus Holz an die Kartei der Not gewandt. Die von einem Schreiner gefertigte Holzkonstruktion eröffnet den Buben und Mädchen der Tagesstätte einen Logenplatz im heiß begehrten Spielzimmer und damit ein intensiveres Spielerlebnis.
Denn dank des Podestes können die Kinder stressfrei auf zwei Ebenen Legotürme bauen oder die Figuren im hölzernen Spielhaus abenteuerliche Geschichten erleben lassen. „Hier macht das Spielen richtig Spaß“, freut sich Elias (5) aus der Wolkengruppe, der am liebsten Häuser aus kleinen Legosteinen formt oder auch mal einen Mini-Audi über den Boden jagt: „Der Audi ist mein Lieblingsauto, der ist richtig schnell“, jubelt Elias. Auch Yasmin ist mit Feuereifer bei der Sache. Wenn sie im hölzernen Spielhaus in ihre Fantasiewelt eintaucht, lässt sie sich von niemand aus der Ruhe bringen – höchstens, wenn die Betreuerinnen zum Mittagessen rufen.
16 Vorschulkinder ab drei Jahren werden in der Tagesstätte individuell gefördert, hinzu kommen 18 Schulkinder zwischen sechs und 16 Jahren. Sie alle müssen trotz ihres jungen Alters einen besonderen Rucksack tragen: Mal ist ihre Entwicklung verzögert, mal leiden sie an Verhaltensauffälligkeiten, mal sind sie stark in sich gekehrt, haben übergroße Ängste. „Wir bieten für alle diese unterschiedlichen Handicaps eine besondere Förderung und einen geschützten Raum“, erläutert die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Yvonne Aumüller. „Hier können sie auftanken und Dinge verarbeiten, die sie belasten.“
Darum fällt auch der Personalschlüssel anders aus als gewöhnlich: Neben acht Vollzeit-Erzieherinnen gehören in Sankt Josef Heilpädagogen, Kinder- und Jugendpsychologen sowie Individualbegleiter zum Team. Und weil die Buben und Mädchen besondere Betreuung brauchen, ist in Kaufbeuren auch eine besondere Ausstattung entscheidend. Die aber wird durch die vorhandenen Mittel für die Grundausstattung nur teilweise abgedeckt. „Darum sind wir der Kartei der Not auch enorm dankbar“, sagt Diplom-Sozialpädagogin Katrin Kaufmann. „Ohne diese Förderung hätten wir auf manches pädagogisch extrem wertvolle Element verzichten müssen.“ Das gilt neben dem Spielepodest auch für die Holzauszüge in der Küche, mit deren Hilfe die Knirpse beim Kochen bis an die Arbeitsplatte heranreichen und so problemlos mitmachen können, sei es beim Obstschneiden oder Teig rühren. Auch in der Küche wird der Teamgeist gefördert, verbuchen die Kinder Erfolgserlebnisse, erhält der Tag Struktur – alles Ziele, die sich die Heilpädagogische Tagesstätte auf die Fahnen geschrieben hat.
Aber auch viele Einzelanträge für Kinder erreichen uns täglich: Einen lang gehegten Herzenswunsch konnte die Kartei der Not beispielsweise der behinderten Shany und ihren Eltern aus Kempten erfüllen: Ein Elektro-Fahrrad, an dem sich der Rollstuhl des sechsjährigen Mädchens befestigen lässt. Shany ist ein fröhliches, lebenslustiges Kind, obwohl es sich wegen Bewegungsstörungen und Spastiken am ganzen Körper nicht kontrolliert bewegen kann. „Shany war viel zu früh zur Welt gekommen, in der 25. Schwangerschaftswoche“, erzählt ihre Mutter. Das allein hätte das Frühchen vermutlich gut überstanden, wäre nicht auch noch ein Virus hinzugekommen, der die Sauerstoffversorgung von Shany einschränkte und Schäden am Gehirn auslöste. Ohne Hilfe kann sich die Sechsjährige daher nicht fortbewegen. Doch die Familie gab nie auf, förderte ihr Kind, wo es nur ging, und erreichte so, dass es trotz seines Handicaps große Zufriedenheit ausstrahlt. Das spezielle Elektro-Dreirad mit Rollstuhl-Verknüpfung spielt dabei eine große Rolle. Denn so kann das Mädchen mit seinen Eltern die Wohnung verlassen, kann bei Einkäufen dabei sein und auch mal einen gemeinsamen Ausflug in die Umgebung Kemptens erleben. „Sie genießt das sehr“, erzählt die Mutter der Sechsjährigen begeistert und ergänzt: „Wir sind der Kartei der Not sehr dankbar. Ohne ihre Hilfe hätten wir das Elektro-Dreirad niemals finanzieren können.“ Denn obwohl beide Elternteile voll berufstätig sind, bleibt aufgrund der kostenintensiven Pflege von Shany am Monatsende kein Geld übrig.
Auch Marie und ihre Mutter sind auf besondere Unterstützung angewiesen. Marie kann sich zwar verständigen, versteht auch vieles, aber eine Regelschule kann sie nicht besuchen. Sie geht in eine Förderklasse des Dominikus-Ringeisen-Werks in Ursberg, wo sie sich geborgen fühlt. In der Klasse werden nur vier Kinder beschult. Jeden Morgen wird sie daheim abgeholt und am Nachmittag wieder nach Hause gefahren in das kleine Dorf in Mittelschwaben, in dem Nicole Wachholz und Marie leben.
Doch auch Maries Mutter ist gesundheitlich angeschlagen: Bei einem Autounfall ist die heute 48-Jährige 1998 als Beifahrerin schwerst verletzt worden. 19 Operationen musste sie seither über sich ergehen lassen, drei Jahre war sie auf Krücken und auf den Rollstuhl angewiesen. Noch heute leidet sie unter Schmerzen und ist auf starke Medikamente angewiesen. Vielleicht gerade deshalb hat sie sich aber immer den Blick für Schwächere bewahrt. So hat sie in ihrem Zuhause auch ein paar Katzen Asyl gewährt. Darunter ist Kater Bino, der sein Augenlicht verloren hat und seitdem besonders anhänglich ist.
Finanziell kommt die Alleinerziehende gerade so über die Runden. Dabei ist sie besonders ihren Vermietern dankbar, die um ihre schwierige Lage wissen und deshalb die Miete sehr niedrig halten. Auch die Günzburger Sanitärfirma Göttel zeigte viel Herz und spendete den Arbeitslohn für den Umbau des Bades, sodass Marie jetzt die Badewanne nutzen kann. Und auch die Krankenkasse hat mitgeholfen, dass die Treppenstufen am Eingang mit einer Rampe für den Rollstuhl überwunden werden können.
Sehr dankbar ist Nicole Wachholz aber auch der Kartei der Not, die zusammen mit anderen Stiftungen auch ihr ein E-Bike finanziert hat, an das ein Rollstuhl eingehängt werden kann. Bei schönem Wetter haben Mutter und Tochter schon so manche Fahrt in die Natur unternommen oder sind in den nächsten größeren Ort geradelt, um ein Eis zu essen und so für ein paar Stunden etwas von dem Glück zu genießen, das für andere selbstverständlich ist.
Hier klicken um den vollständigen Artikel zu lesen: Wie die Kartei der Not hilft