Von Cordula Homann
Bitterkalt ist es am späten Freitagvormittag, doch diese gewaltige Baustelle zieht viele Menschen an. Kein Wunder. Wo alles immer teurer wird, sind die Kosten für diesen Neubau von 65 Millionen Euro laut Plan auf inzwischen 60 Millionen Euro gesunken. Wo viele Projekte stagnieren, zeigt ausgerechnet ein Verein, was möglich ist und liegt mit seinem Projekt voll im Zeitplan. Eine Gemeinde beweist Willen und Flexibilität. Dann ziehen auch noch der Freistaat, der Bezirk und verschiedene Stiftungen mit und schon wird Richtfest für die neue Fritz-Felsenstein-Schule gefeiert.
Daneben haben sich zahlreiche Privatleute finanziell engagiert. Warum, erzählt ein Paar aus Augsburg. Es kennt das Fritz-Felsenstein-Haus in Königsbrunn seit vielen Jahren. Dort werden körperbehinderte Kinder und Jugendliche nach ihrer kognitiven Leistung differenziert. Das Ehepaar Schmidt lobt den Gemeinsinn, der die Schule trage. Und dass Kindern und Jugendlichen ein Blick in die Arbeitswelt gezeigt werde, der ihnen sonst verborgen bliebe. „Vorstand Gregor Beck hat uns immer fasziniert, denn: Was schwierig ist, ist für ihn ein Ansporn. Andere Bauvorhaben verzögern sich oder werden teurer - aber er zieht durch. Das ist eine starke Motivation für uns, die Schule zu unterstützen.“ Diese können ab Herbst 2026 in 14 Klassen rund 140 Schülerinnen und Schüler besuchen. Die heilpädagogische Tagesstätte wird zwölf Gruppen umfassen. Insgesamt werden rund 100 Mitarbeitende an der neuen, zweiten Fritz-Felsenstein-Schule tätig sein.
Vorstand Gregor Beck betont in seiner Rede: „Nur, wenn alle politischen Akteure zusammenarbeiten, kommt so etwas zustande. Von der Legislative, über die Abgeordneten und die Exekutive - wir sind ja alle der Staat. Und dieses Bauwerk symbolisiert, dass unser Staat stabil ist.“ Das Bauwerk stehe für das solidarische Gemeinwesen, das alle Menschen mitnimmt und solche Projekte schafft. Später, bei Leberkäse und Brezen, die im Rohbau serviert werden, betont er es erneut: Das neue Förderzentrum vereine viele verschiedene Bereiche. Dahinter würden drei verschiedene Sozialgesetzbücher stecken, doch keines nehme auf das andere Rücksicht. „So etwas geht nur, wenn die Behörden sehr pragmatisch sind.“
Ein paar Erfahrungen aus Königsbrunn, das Haus dort steht seit 1975, werden nun in Langweid angewendet. So gibt es nur ein Lehrerzimmer für alle, egal, ob Pflegekraft, Therapeutin oder Lehrer. Das erklärt Dagmar Simnacher, Bereichsleiterin Kinder und Jugend bei einem Rundgang. Jeder Klasse steht künftig ein Cluster aus Ruheraum, Schulzimmer und Gruppenraum für Heilpädagogik zur Verfügung. So würden räumliche und fachliche Beziehungen verzahnt.
Kurze Wege sollen dafür sorgen, dass die Kinder sich wohlfühlen. Ab September 2026 werden die Jüngsten ab drei Jahren in der schulvorbereitenden Einrichtung betreut. Kinder und Jugendliche werden ab dem ersten Schuljahr bis zur zwölften Klasse in 14 Klassenzimmer und zwölf Gruppenräumen unterrichtet. Am Ende haben sie neun Schuljahre und drei Berufsschuljahre absolviert.
Zu dem Neubau wird auch ein integrativer Kindergarten gehören. Auf diese Nachricht reagierte die Gemeinde Langweid. Deswegen steht jetzt die neue Grundschule direkt daneben - nicht die neue Mittelschule. Diese wurde ein Stück weiter versetzt realisiert. Während die Grundschüler aus Langweid und seinen Ortsteilen stammen, besuchen die Fritz-Felsteinschule in Königsbrunn zu 60 Prozent Augsburger. Nicht nur auf dem Spielplatz, sondern auch bei Schulfesten können sie künftig näher kennenlernen. „In Langweid“, freute sich Bürgermeister Jürgen Gilg, „entsteht etwas Tolles für ganz Nordschwaben.“ Viele Vertreterinnen und Vertreter von Behörden, aus dem Landtag, der lokalen Politik, dem Fritz-Felsenstein-Haus und von Stiftungen waren vor Ort.
Die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, unterstützt die neue Einrichtung mit einer Gesamtsumme von 1,1 Millionen Euro. Den Löwenanteil der 60 Millionen Euro übernimmt der Freistaat Bayern (52 Millionen Euro). Vom Bezirk kommen rund 600.000 Euro, 7,4 Millionen vom Trägerverein Fritz-Felsenstein-Haus.
Weitere Geldgeber sind die Sternstunden des Bayerischen Rundfunks (1,6 Millionen Euro und wohl weitere 0,5 Millionen Euro) und die Bayerische Landesstiftung (eine halbe Million Euro). Der Rest kam über Vereine, Privatpersonen, Firmen und soziale Organisationen zusammen. Kommentar Seite 1
Über eine Million Euro kommt von der Kartei der Not.